Hier die Fragen der Arbeitsgemeinschaft Karlsruher Stadtbild (ArKaS) und meine Antworten darauf:
ArKaS-Wahlprüfsteine zum 6. Dezember 2020
Wie würden Sie uns unterstützen, die in unserem Leitbild definierte Zielsetzung, hier als Themencluster A und B bezeichnet, zu erreichen?
Themencluster A
Wir wollen dazu beitragen, dass diejenigen Kulturgüter, die als Kulturdenkmale das Stadt- und Landschaftsbild der Stadt Karlsruhe prägen, erhalten bleiben, damit zukünftige Generationen zur Gestaltung ihrer Zukunft einen Blick auf die Vergangenheit berücksichtigen können.
A1 Denkmalschutz
Ausgangslage: In der Stadt Karlsruhe sind einige Gebäude zwar nach §2 DSchG als Kulturdenkmale ausgewiesen, dennoch sind sie beinahe unbemerkt von der Öffentlichkeit dem Verfall preisgegeben
Frage: Welche Strategie würden Sie verfolgen, um diese wenig beachteten Kulturdenkmale langfristig für die Karlsruher Bevölkerung zu erhalten?
Beispiel: Das Stationsgebäude der Rheinbahn in der Moltkestraße 31a https://web1.karlsruhe.de/db/kulturdenkmale/detail.php?id=01057 https://arbeitsgemeinschaftkarlsruherstadtbild.com/rote-liste-karlsruher- kulturdenkmale/weststadt-stationsgebaeude-moltkestrasse/
Antwort: Leider ist dieses kein neues Problem. Auch in der Vergangenheit war oft z. B. bei Fachwerkhäusern zu beobachten, dass die Besitzer sie dem langsamen Verfall überließen, nachdem sie in den Hof oder Garten „hintenhinaus“ neu gebaut hatten. Hier müssen einfach die bestehenden Gesetze und Regelungen konsequent angewandt werden, damit es niemand erst darauf ankommen lässt, mit dem Verfallen-Lassen durchzukommen.
Gehören solche Gebäude der öffentlichen Hand, so sind sie zu renovieren oder einem geeigneten Käufer zu überlassen, denn es kann nicht sein, dass die öffentliche Hand ein schlechtes Beispiel abgibt. Auch wenn sich derartige Gebäude in Privatbesitz befinden, sollte die Stadtverwaltung mithelfen, einen geeigneten Käufer zu finden, der das Objekt renoviert und anschließend nutzt.
A2 Erhaltungssatzungen, Bebauungspläne
Ausgangslage: In der Stadt Karlsruhe sind einige Gebiete bereits durch Erhaltungs- und Gestaltungssatzungen oder auch mithilfe von Bebauungsplänen in ihrem kulturhistorischen Erscheinungsbild „geschützt“.
Frage: Welche Strategie würden Sie verfolgen, um die Vorgaben dieser Satzungen und Pläne zu überprüfen – nicht zuletzt auch schon während der Bearbeitung, die sich z.T. jahrelang hinzieht?
Beispiel: Bebauungsplan Durlach Hanggebiet E (in Bearbeitung seit 2016)
Antwort: In meinen bisher sechs Jahren als Gemeinderat habe ich immer für die Einrichtung solcher Erhaltungs- und Gestaltungssatzungen argumentiert und gestimmt, und auch gegen alle Versuche, sie zu verwässern, z. B. jedes Mal, wenn die jeweilige Gestaltungssatzung verbogen werden soll, um z. B. die historischen Dächer mit Photovoltaikanlagen zu verschandeln. Ich werde mich weiter für den Schutz unserer historischen Stadtteile durch die zeitnahe Einführung von Erhaltungs- und Gestaltungssatzungen einsetzen, die diesen Namen auch verdienen, egal ob als Oberbürgermeister oder – wie bisher – als Stadtrat und Fraktionsvorsitzender.
A 3 Vereinbarkeit von Denkmalschutz und ingenieurtechnisch erforderlicher Ausführung
Ausgangslage: Infrastrukturbauten werden in ihrer Umgebung oft als nicht vereinbar mit dem kulturhistorischen Stadtbild wahrgenommen.
Frage: Welche Möglichkeiten sehen Sie, erforderliche Ingenieurkonstruktionen so zu gestalten, dass sie nicht nur den technischen Regelwerken genügen, sondern sich in das für Karlsruhe charakteristische Stadtbild einfügen?
Beispiele: Bauten der Kombilösung Verteilerkästen vor der Lutherkirche an der Durlacher Allee oder Treppenaufgänge mitten auf dem Marktplatz.
Antwort: Es gibt viele Möglichkeiten, technische Einrichtungen zum Stadtbild passend auszuführen. Wenn alles andere nicht gelingt, kann man die neu gebaute Struktur immer noch der Umgebung entsprechend verkleiden, so wie dies nun mit den U-Strab-Treppenhäusern auf dem Marktplatz geschieht. Eleganter ist es jedoch, das technisch Nötige so auszuführen, dass die Ausführung mit den historischen Lösungen in der Nachbarschaft übereinstimmt oder harmoniert, so wie der Neubau der Arkaden am nördlichen Ende des Marktplatzes. Dasselbe ist auch bei der Ausführung anderer technischer Einrichtungen möglich und damit auch zu favorisieren.
Themencluster B
Wir wollen dazu beitragen, dass die natürliche und gebaute Umwelt der Stadt Karlsruhe so weiterentwickelt werden, dass der öffentliche wie auch private urbane Raum auch in Zeiten globaler Veränderungen der Stadtgesellschaft in wesentlichen Lebensbereichen wie „Wohnen“,
„Arbeit“, sowie „Freizeit“ ein „gutes“ Leben ermöglicht, wobei die für „Mobilität“ und
„Daseinsvorsorge“ erforderliche Infrastruktur gewährleistet ist.
B 1 Gestaltung / Stadtentwicklung – konkrete Ausführungen
Ausgangslage: Die Umgestaltung öffentlicher Straßen und Plätze in der Innenstadt ist immer noch sehr verkehrsbestimmt (Individualverkehr) und bleibt deutlich hinter den heute gängigen und möglichen Standards öffentlicher Räume* zurück.
Bei vielen in den vergangenen Jahren erfolgten Umgestaltungen von öffentlicher Räume vermissen wir durchgreifende Verbesserungen der Aufenthaltsqualitäten und vor allem gestalterische Aufwertungen.
* Baukulturbericht 2021 mit dem Schwerpunkt „Öffentliche Räume“ www.bundesstiftung-baukultur.de/presse/oeffentliche-raeume-staerken- neuer-baukulturbericht-erschienen
Frage: Welche Möglichkeiten sehen Sie, um die Aufenthaltsqualität auf zentralen öffentlichen Räumen langfristig so zu verbessern, dass sie tatsächlich zum Verweilen einladen?
Beispiele: a) aktuell das Ettlinger Tor und der Bernhardusplatz an der Haltestelle Durlacher Tor; b) nach Inbetriebnahme der Kombilösung die westliche Kaiserstraße, die bis 2030 zu einer Flaniermeile umgebaut werden soll; und c) zukünftig der Vorplatz nördlich des Hauptbahnhofs.
Antwort: Meiner Meinung nach sind die jetzt auf Vorschlag der Verwaltung durch den Gemeinderat auf den Weg gebrachten Lösungen insgesamt nicht schlecht. Der Teufel steckt allerdings im Detail der sich später ergebenden Nutzung, die schon beim Planen mitbedacht werden muss. So ist zum Beispiel beim Bernhardusplatz nicht bedacht worden, dass ihn zwei oder drei Rad-Routen kreuzen, sodass ein häufiges Durchfahren des Platzes durch Radfahrer zu erwarten ist. Man versucht nun, dieses Problem im Nachhinein in den Griff zu bekommen, und so den Fußgängern und Pausierenden auf dem Platz die nötige Aufenthaltsqualität zukommen zu lassen. Im Nachhinein ist es jedoch schwierig, Fehler in der Planung durch zusätzliche Maßnahmen zu korrigieren – die Planung muss von Anfang an die spätere Nutzung durch alle relevanten Gruppen im Auge haben.
Ausgangslage: Manche Stadteinfahrten der Stadt Karlsruhe werden schon dem zukünftigen intermodalen Verkehrsmix angepasst, bei anderen sind wesentliche Umgestaltungen aufgeschoben, ja sie befinden sich in einem Dornröschen- schlaf, weil hier über Jahrzehnte hinweg bislang nur punktuell gedacht und gehandelt wird, Chancen nur ungenügend genutzt werden.
Frage: Was sind Ihre Leitlinien für anstehende Umgestaltungen?
Welche mittelfristigen Strategien verfolgen Sie?
Beispiele: die Herrenalber Straße, die Eckener Straße oder die Pulverhausstraße sollen der zukünftigen Mobilität angepasst werden. Die Durlacher Allee und die Kaiserallee warten noch auf einen planerischen „Wurf“ zu einer einladenden und dem Stadtbild würdigen Stadteinfahrt.
Antwort: Mit dieser Frage wird suggeriert, dem Auto werde zu viel Platz eingeräumt. Als Radfahrer bin ich aber dafür, den Radverkehr weiter abseits der Hauptdurchgangsstraßen auszubauen, also möglichst ohne Konflikte mit dem Kfz-Verkehr (in diesem Fall wäre die Bulacher Str. in Ettlingen und dann die Lange Straße in Rüppurr die beste und sicherste Radroute).
Eine Reduktion der Fahrstreifen der Hauptdurchgangsstraßen wird nicht dauerhaft funktionieren: Die Stadt Karlsruhe ist in den letzten 20 Jahren stark gewachsen, viele neue Arbeitsplätze sind hinzugekommen. Die Stadt hat sich mit den umliegenden Kommunen darauf geeinigt, den eigentlich in Karlsruhe nötigen Wohnungsbau zum großen Teil in die Nachbargemeinden zu verlagern – was richtig ist, denn wir können nicht durch immer mehr Nachverdichtung den grünen Charakter unserer Stadt zerstören oder auch nur aufs Spiel setzen. Wenn aber ein immer größer werdender Anteil der Karlsruher Arbeitnehmer und der Kunden der Karlsruher Geschäfte im Umland wohnen soll, dann kann man die Querschnitte unserer Hauptdurchgangsstraßen nicht verringern, sondern muss ihre notwendige Leistungsfähigkeit erhalten– wie all die Jahrzehnte zuvor. Man muss dabei immer dran denken, dass nicht jeder mit dem Fahrrad fahren kann. Es gibt viele Manschen, die aus den unterschiedlichsten Gründen aufs Auto angewiesen sind.
Und dann sind da noch die Fernbusse – und das Rettungswesen und der Katastrophenschutz. Der Verkehr hat natürlich auch noch zugenommen, weil in Karlsruhe an vielen Stellen wie z. B. im Osten der Südstadt in den letzten Jahren viele neue Wohnungen hinzugekommen sind.
Vor diesem Hintergrund sind die Stadteinfahrten so zu gestalten, dass sie ein harmonisches Miteinander aller Verkehrsteilnehmer ermöglichen und dabei auf die Bürger und die Gäste unserer Stadt einladend wirken.
B 2 Nachhaltigkeit als oberstes Prinzip bei allen Neubauten in der Innenstadt
Ausgangslage Im Rahmen von aktuellen Bauprojekten sind umfangreiche Ausgleichsmaßnahmen erforderlich, insbesondere bei Eingriffen in nicht versiegelte Flächen.
Frage: Wo sehen Sie im Rahmen von Ausgleichsmaßnahmen Möglichkeiten, den Bedarf nach Entsiegelung von innerstädtischen Flächen abzudecken?
Antwort: Seit der Umstellung der Abwassergebühren liegen für das ganze Stadtgebiet Luftbilder und zusätzliche detaillierte Aussagen über die Durchlässigkeit der meisten Flächen vor. Mit einer geeigneten Software und dem nötigen Know-How kann man damit sehr viele der entsiegelbaren Flächen identifizieren, die sich nicht nur in Siedlungs-, sondern auch in Industriegebieten befinden. Mit den nötigen Anreizsystemen kann man dann die Besitzer nach und nach dazu bringen, diese Flächen zu entsiegeln. Hinzu kommen die vielen versiegelten öffentlichen Flächen, die überprüft werden sollten. Viele von diesen könnten mit Bäumen bepflanzt werden, was das Mikroklima merklich verbessern würde.
B 3 Integration von Projekten mit Stadtbildrelevanz in das IQ-System der Stadt Karlsruhe
Ausgangslage Viele Städte legen deutlich mehr Wert auf die Ausgestaltung ihrer öffentlichen Räume. Der Erfolg scheint insbesondere auf der guten Integration des Themas „Stadtgestaltung“ zu beruhen.
Frage: Sind Sie bereit, eine Stelle für eine(n) Stadtbildkoordinator*in einzurichten, die(der) fachübergreifende Kompetenzen bei Projekten mit Stadtbild- relevanz wahrnimmt, um das Oberbürgermeisteramt direkt zu beraten?
Antwort: Nein, dazu bin ich nicht bereit. Die großen Entscheidungen trifft der Gemeinderat nach Beratung im Planungsausschuss, in dem genügend Fachkompetenz versammelt ist. Diese Entscheidungsfindung erfolgt in einem transparenten Prozess, in dem die interessierten Bürger ihre Anliegen den Mitgliedern des Gemeinderats bis zur Gemeinderatssitzung zur Kenntnis bringen können. Außerdem habe ich als langjähriges Gemeinderatsmitglied das Gefühl, dass die städtischen Ämter kompetent zusammenarbeiten, um unser schönes Stadtbild behutsam weiterzuentwickeln. Dementsprechend finde ich auch, dass Karlsruhe bei der Entwicklung seines Stadtbildes besonnener und damit besser vorgeht als viele andere Städte und dabei Instrumente einsetzt wie das Karlsruher Gebäudehöhenkonzept und das Freihalten der Weinbrennerschen Blickachsen. Wir brauchen uns da wirklich nicht zu verstecken.